Ihr habt euch für einen Tierschutzhund mit einer ungewissen Vergangenheit entschieden, in gewisser Weise einem Überraschungspaket 🙂
Es handelt sich um einen heimatlosen Hund dessen Herkunft, Erfahrungen und Gesundheitszustand oft weitgehend unbekannt sind. Euer Hund hat in der Regel noch nicht viel kennen gelernt, war eventuell sogar auf sich allein gestellt und muss noch eine Menge lernen. Damit die Kennenlernphase möglichst reibungslos verläuft und ihr auch Verständnis für anfängliche Unsicherheiten eures Hundes entwickeln könnt, möchten wir euch hier ein paar Tipps geben.
TRANSPORT UND REISESTRESS
Alle Hunde werden in unserem Vereinstransporter aus dem ungarischen Tierheim abgeholt und sind je nach Ausstiegsort bis zu 13 Stunden unterwegs. Es gibt Hunde, die springen aus ihrer Transportbox und sind einfach da, als wollten sie sagen “Hallo, hier bin ich, was machen wir nun?” und dann gibt es die zurückhaltenden Hunde, die etwas langsamer in ihre neue Zukunft starten und erstmal ängstlich auf alles Neue reagieren. Jeder Hund steckt die Strapazen des Tierheimaufenthalts und des langen Transports unterschiedlich weg und benötigt mehr oder weniger Zeit um Vertrauen zu euch aufzubauen.
Die Hunde koten und nässen sich eventuell in ihren Transportboxen ein, das lässt sich leider durch den Stress nicht vermeiden. Ihr könnt eurem Hund die Möglichkeit bieten sich nach dem Ausstieg zu lösen, jedoch schaffen es nicht alle Hunde in ihrer Aufregung oder ihrer Angst.
Viele Hunde haben nach dem langen Transport ein Problem damit wieder in eine Box zu steigen, daher ist es empfehlenswert einen Anschnallgurt für den Hund zu besorgen, damit man ihn beispielsweise auf einem Rücksitz sichern kann. Ein Familienmitglied kann sich dann zu dem Hund auf die Rücksitzbank setzen und ihm Gesellschaft leisten. Es hat sich auch bewährt, Decken oder Handtücher in den Autos auszulegen, falls etwas „daneben“ gehen sollte.
Sehr ängstliche Hunde werden von uns in einer Transportbox übergeben. Die Einzelheiten zu dem Ablauf wird Ihre Vermittlerin gegebenenfalls mit Ihnen besprechen.
Grundsätzlich sollte die Abholsituation dem Hund zuliebe kurz gehalten werden und es sollte zügig ins neue Zuhause weitergehen.
Eine Abholung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist keine Möglichkeit!
SICHERUNG IHRES HUNDES
Durch die vielen neuen Eindrücken kann es geschehen, dass der Hund in Panik gerät oder sich erschreckt und versucht, sich aus dem Halsband oder Geschirr zu befreien, vor allem Norwegergeschirre (z.B. von Julius-K) sind absolut nicht sicher und der Hund kann sehr schnell rausrutschen.
In solche panischen Situationen können alle Hunde geraten, nicht nur sehr ängstliche Hunde. Da niemand weiß, wie sich euer Hund in einer ihm völlig fremden Umgebung verhält, ist eine gute Sicherung Pflicht.
Wir empfehlen die doppelte Sicherung, dafür werden ein Halsband, ein Sicherheitsgeschirr und zwei Leinen benötigt. Die beiden Leinen werden jeweils am Geschirr und am Halsband eingehakt. Ein Sicherheitsgeschirr bekommen alle Hunde bei ihrer Ankunft von uns umgelegt, damit alle gut gesichert in ihr neues Leben starten können. Wir freuen uns natürlich über die Rücksendung des Sicherheitsgeschirrs an die Vereinsadresse, wenn ihr und euer Hund es nicht mehr brauchen 🙂
Eine normale Leine (keine Flexileine) bringt ihr bitte zur Abholung mit. Eine Flexileine mag in manchen Fällen sehr praktisch sein, bei einem Hund aus dem Tierschutz ist sie in den ersten Wochen bis Monaten allerdings nicht angebracht. Abgesehen davon, dass sie keine ausreichende Form der Sicherung darstellt und sowohl für das Leinentraining als auch Hundebegegnungen ungeeignet ist, entsteht ein lautes Geräusch, wenn das Handstück aus der Hand fällt. Der Hund kann daraufhin weglaufen oder springt vor Schreck zur Seite, dann klappert das Handstück hinter dem Hund her, was noch mehr Panik verursachen kann.
Die Hunde sind es in der Regel auch noch nicht gewohnt an einer Leine zu laufen und müssen es erst behutsam lernen.
Bitte lasst euren Hund in den ersten Wochen nicht von der Leine oder lasst ihn einfach frei laufen. Euer Hund kann nach so kurzer Zeit noch keine Bindung aufgebaut haben und gehört weiterhin an das Sicherheitsgeschirr und an die Leine! Kann euer Hund entlaufen, ist es sehr schwer, wenn nicht sogar ausgeschlossen, den Hund wieder zu bekommen. Bitte beachtet auch, dass der Hund in der ersten Zeit im Garten mit einer Schleppleine geführt werden sollte. Man kann nie wissen, ob sich nicht vielleicht doch eine Fluchtmöglichkeit ergibt.
DIE ERSTE ZEIT BEI IHNEN ZUHAUSE
In der Anfangszeit kann es Situationen geben, vor denen sich der Hund fürchtet oder erschrecken wird. Bitte habt Verständnis und geben eurem Hund die Zeit, die er braucht, um erst einmal den Stress der Reise und des Umzugs in ein völlig fremdes Umfeld zu verarbeiten und sich einzuleben. Es gibt Hunde, die in den ersten Tagen viel schlafen, andere wieder finden keine Ruhe.
Gönnt euch und eurem neuen Hund ausreichend Ruhe und Zeit, damit sich alle aneinander gewöhnen können und der Hund sich auf sein neues Leben einstellen kann. Euer Hund wird mit vielen Dingen konfrontiert, die er nicht kennt, auch euch kennt er nicht und weiß nicht, dass es ihm von nun an gut gehen soll.
Vermeidet bitte in der ersten Zeit zu viel Stress und Aufregung. Gestalten die erste gemeinsame Zeit frei nach dem Motto „Weniger ist Mehr“. Stundenlange Spaziergänge, Hundeschule, Restaurantbesuche und viel Besuch verschiebt besser auf einen späteren Zeitpunkt, wenn euer Hund wirklich angekommen ist, sein neues Leben kennengelernt und auch an Sicherheit gewonnen hat.
Wichtig ist auch, dass der Hund das Tempo mitbestimmen kann, denn so muss euer Hund nicht in unerwünschtes Verhalten fallen. Bedrängt bitte euren Hund nicht und lasst ihn besser von sich aus kommen.
Es kann vorkommen, dass die Neuankömmlinge nicht fressen wollen. Dies ist nach der stressigen Reise und dem Umzug kein Wunder und legt sich meist nachdem der Hund etwas zur Ruhe gekommen bzw. sich eingelebt hat.
Bitte macht euch bewusst, dass ihr keinen “fertigen” Hund bekommt, der alle Kommandos befolgt, immer abrufbar ist, brav an der Leine bei Fuß läuft, und dass die Hunde aus dem Tierheim nicht immer stubenrein sind. Mit Liebe und Zuversicht lernen die Hunde oft schnell, was von ihnen erwartet wird. Ganz wichtig: Habt bitte Geduld!
ERSTHUND
Die Situation bei der Abholung ist für alle stressig und aufregend. Seinen Ersthund oder die erweiterte Familie mitzubringen wäre zusätzliche Aufregung für den ankommenden Hund. Es ist hilfreich, wenn sich der Ersthund und der neue Hund auf möglichst neutralem Boden kennenlernen, da die Zusammenführung in der Regel dann weniger Konfliktpotenzial beinhaltet. Der Ort der Abholung ist allerdings meist nicht geeignet dafür. Vor allem, da sie nach sehr kurzer Zeit gemeinsam in dasselbe Auto steigen und so eine beengte Situation für die Hunde entsteht.
Daher ist es zu empfehlen den neuen Hund abzuholen und nach Hause zu fahren. Dort kann man eine nah gelegene ruhige Wiese aufsuchen und die Hunde vorsichtig zusammenführen.
GESUNDHEIT
Unsere Reisehunde werden kurz vor dem Transport nochmal von einem Tierarzt augenscheinlich untersucht. Dabei können Auffälligkeiten erkannt und auch ggf. behandelt werden. Doch nicht alle Krankheiten des Hundes sind – wie beim Menschen auch – von außen und vom Verhalten erkennbar.
Alle Hunde werden erneut kurz vor der Ausreise mit einem Spot-On gegen Flöhe und Zecken behandelt und entwurmt. Die genauen Daten hierfür entnehmt bitte dem Heimtierausweis eures Hundes. Alle reisenden Hunde werden auch mit dem Wirkstoff Fenbendazol (Panacur) über fünf Tage gegen Giardien behandelt. Jedoch kann diese Medikamentengabe durch den großen Stress beim Transport und durch den Umzug in ein völlig neues Leben nicht ausreichend sein und euer Hund hat nach kurzer Zeit wieder Giardiose. Aus diesem Grund empfehlen wir bei wiederkehrendem Durchfall eine Kotprobe über drei Tage zu sammeln und bei einem Tierarzt untersuchen zu lassen.
Manche Hunde im Tierheim bekommen trotz Impfung Zwingerhusten. Die Impfung ist ähnlich wie die Grippeimpfung bei uns Menschen und kann genau den Virenstamm, der im Tierheim umgeht, nicht beinhalten, weshalb die Hunde erkranken können. Zwingerhusten ist in der Regel gut zu behandeln.
Bitte bedenkt auch, dass alle Hunde bei ihrer Ausreise einen kompletten Impfschutz haben, dieser aber nicht zwangsläufig für zwölf Monate ausreichend ist. Lasst den Heimtierausweis eures Hundes vom Tierarzt kontrollieren. Er kann euch genau sagen wann eine Nachimpfung erfolgen muss.Die Anstrengungen der Reise und der Einzug in ein neues Zuhause können sich positiv wie negativ auf die Gesundheit und somit auf das Immunsystem des Hundes auswirken. Durch die teilweise lange Inkubationszeit der Reisekrankheiten (bei Dirofilariose ca. sechs
Monate) empfehlen wir einen Bluttest nach etwa einem halben Jahr nach Ausreise eures Hundes. Bitte besprecht das Thema mit eurem Tierarzt.
Grundsätzlich wird man für keinen Hund, egal ob von einem Züchter, aus dem Tierheim oder aus
einer Privatabgabe eine Gesundheitsgarantie bekommen. Jeder Hund trägt, genau wie wir Menschen, das Risiko in sich, eine Krankheit zu bekommen. Wichtig ist es diese Krankheit dann rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.
FORMALITÄTEN
Ihr solltet euren Hund nach seiner Ankunft bei der zuständigen Stadt oder Gemeinde anmelden. Nach örtlich geltendem Landeshundegesetz benötigt man je nach Hund einen Sachkundenachweis und die Chipnummer. Wir empfehlen euch eine
Hundehaftpflichtversicherung abzuschließen (in manchen Bundesländern Pflicht) und auch über eine Hundekrankenversicherung nachzudenken, damit ihr und euer Hund komplett geschützt seid.
Wir werden euren Hund bei seiner Ankunft beim Tasso-Haustierregister registrieren, so dass er im Verlustfall größtmöglichen Schutz hat.